Der untersetzte Mann mit grüner Kopfbedeckung im Military Look, einer dunklen Jacke und blauen Adidas-Hosen steht am Schalter des Imbisses, unterhält sich mit dem Verkäufer. Ganz direkt sieht er mich an, mustert mich.
SERIE: GOLDBERG 365
Nummer: 365_226, 20 von 24/24
Datum: 29.10. 2016
Uhrzeit Beginn : 20.00
Uhrzeit Ende: 20.50
Dauer: 50 Min.
Land : Österreich
Ort/Stadt : Wien
Adresse : Erdbergstrasse /int. Busbahnhof
Geoposition : 48°11’27.82″N 16°24’49.88″E
Fassung : Glenn Gould
Sound via : MiniBox
Partner/
Kollaborationen:
Wetter : bewölkt,
Temperatur : 12 Grad C
Stichworte : Militarymütze, Polizeistreife, Mikrotanz, öffentliche Ordnung
Streaming : live, replay
Zeugen: Wartende,Passanten,ZuschauerInnen
Raummarker: Stephanie Rauch
Ich stehe seitlich des Markers den ich in ZickZack Form aufgelegt habe und an dessen Eckpunkte ich mich orientiere. Ich bin genau auf ihn ausgerichtet. Unsere Blicke treffen sich. Er trägt seine Military Mütze leicht schräg, es gibt ihm ein gemütliches Aussehen, etwas Schwejkhaftes.
Der Taschenverkäufer erscheint, stellt sich ganz nahe zu mir, provozierend sieht er mir in die Augen, beinahe triumphierend, , als würde er fragen, „Und nun?“, Was machst Du nun“? Ich mache gar nichts. Ich stehe an einem der Eckpunkte, ringe um eine Präsenz, ringe um eine Form von Gleichgewicht, die sich nicht einstellen wollen, minimal verschiebe ich mein Gewicht, minimal verschiebe ich meine Hände und Arme im Versuch, zu fassen, was so nicht zu fassen ist. Ich bleibe dabei und nach einiger Zeit des Stehens, er mit seinem prall gefüllten Rucksack voller Taschen, die er um fünf Euro loswerden will, ich mit meinen tastenden Händen, bricht er ab, setzt sich auf die Holzbank, setzt sich einfach hin und sieht zu, entspannt sich und schaut nachdenklich.
Ich drehe mich, gehe einen Schritt weiter zu einem anderen Punkt an einem der Ecken des Markers , als ich den Polizeistreifenwagen sehe. Wenige Meter von mir hält er mit laufenden Motor, die Scheinwerfer blenden und ich kann die Beamten im Inneren des Fahrzeugs nicht erkennen. Nach einiger Zeit des Abwartens, ich bin vertieft in meine Mikrotanz –Unternehmung, bewege mich nach Aussen kaum sichtbar, fährt der Wagen weiter, hält noch einmal, setzt dann die Fahrt fort. Meine Weise, öffentlichen Raum zu besetzen ist also polizeilich sanktioniert, das Non- Spektakel, welches ohne Genehmigung geschehen darf. Ich störe die öffentliche Ordnung nicht. Ich bin ein Teil der öffentlichen Ordnung.
Ein Kutsche nähert sich, schwarze Pferde, eine Kutscherin sitzt auf dem Bock, in schwarzen Strümpfen, trappeln vorbei.
Zwei verschleierte Frauen in dunklen Kleidern gehen vorüber, tragen eine gelbrote Billa Tasche zwischen sich.
Fast alle Sitzenden an den Tischen erheben sich, nehmen ihr Gepäck, gehen zu den Bussen. Der Mann mit der Military Mütze ergreift die Gelegenheit, räumt nun alle Tische ab, ergreift einen Besen, dessen Stiel mit mit bunten Isolier-Bändern beklebt ist und kehrt den Boden auf, macht Ordnung.
Plötzlich sind laute Stimmen zu hören. Eine Gruppe von Menschen überquert im Laufschritt die Strasse, eher läuft auf der Strasse, aufgeregt kommen sie auf mich zu, blicken suchend, rennen, schleppen Taschen, finden schliesslich ihren Bus.