Unvermutet biegen die Tram-Schienen ab, biegen in einem Winkel von 90 Grad in die Panikengassse. Ebenso unvermutet taucht in den Rhythmen ihres Fahrplans nach einem kurzen, dunkel grollenden Geräusch die Tram auf, windet sich um die Ecke.
SERIE: GOLDBERG 365
Nummer: 365_356
Datum: 08.03. 2017
Uhrzeit Beginn : 11.53
Uhrzeit Ende: 12.43
Dauer: 50 Min.
Land : Österreich
Stadt/Ort: Wien
Adresse : Panikengasse / Herbststrasse
Geoposition : 48°12’25.10″N 16°19’26.58″E
Fassung : Glenn Gould
Sound via : Kopfhörer
Partner/
Kollaborationen:
Wetter : sonnig, Wolken
Temperatur : 04 Grad
Stichworte : Glanz, Gehsteig, Geometrien
Streaming : 3, 1 replay
Zeugen: PassantInnen, AutofahrerInnen
Raummarker: Stephanie Rauch
Über den Dächern braust heftig der Wind, treibt Wolken vor die Sonne, treibt sie vorbei, generiert grelle Lichtwechsel. Sie blendet, flutet von knapp oberhalb des Turms der ehemaligen Kaserne.
Die ausrangierten Strassenlaternen des ehemaligen Restaurants spiegeln müde etwas von ihrem Glanz. Die Fenster sind von Innen abgedeckt, ein paar Tücher mit ornamentalen Mustern zeigen sich. Ich habe den Marker entlang des Gehsteigs in die weiss schraffierte Fläche gelegt, deren Form ich zu meinem Territorium erklärt habe.
Die Geometrien der Pflastersteine, auf denen ich mich bewege im Kontrast zur grafischen Zeichnung der dick aufgetragenen Schraffur. Ich konzentriere mich auf die Füsse, auf die Knöchel, auf winzige Änderungen im Winkel, in dem die Unterschenkel auf die Knöchel treffen. Gegenüber im obersten Stock ist ein Fenster geöffnet, davor wippt ein Ziergras mit einer voluminösen Rispe im Wind, so dass ich denke, es müsste jede Sekunde abbrechen.
Diagonal gegenüber giesst der Kellner der Pizzeria mit einem kleinen Krug die Pflanzen, welche den Eingang flankieren. ER blinzelt in die Sonne, dann kurz zu mir herüber, verschwindet wieder im Lokal.
Mein Kopf neigt dazu, sich leicht zu senken, ich hebe ihn, lasse ihn sich senken, hebe ihn.
Im Parterre des dunkelgrauen Hauses ist eine Traffik untergebracht. Um ein Schaufenster herum sind mehrere Automaten und Werbeträger angebracht.
Ein einzelner Pflasterstein, nein, etwas entfernt noch ein zweiter sind goldgelb bemalt auf ihrer Oberfläche, als hätte sich jemand einen Scherz erlaubt. Etwas unterhalb, auf der anderen Strassenseite parkiert ein schwarzer Mercedes, dessen Fahrer mich beobachtet.
Eine Frau treibt bei grün eine Horde von Kindern über die Strasse, zwei davon blicken zu mir her, folgen dann aber gleich wieder den anderen. Am Ende der Strasse am Horizont lockt der Kahlenberg.